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Quelle: Schwäbisches Tagblatt vom 20.11.08
Himmlische Küche


Menschen mit Behinderung betreiben Hotel
"Himmelreich" heißt der Gasthof bei Freiburg, den Menschen mit und ohne geistige Behinderung betreiben. Helmut Schwalb, Leiter der dortigen Integrativen Akademie, referierte bei der Lebenshilfe.
Reutlingen. Von der modernen Registrierkasse waren alle Facharbeiter hellauf begeistert. Nur: Ihre Kollegen mit Behinderung kamen damit nicht zurecht. Jetzt steht im Himmelreich eine Kasse aus Uromas Zeiten. Und der Laden läuft. Denn alle Angestellten können nun selbständig im Restaurant Bestellungen aufnehmen, servieren und abrechnen. "Die Strukturen müssen stimmen", betonte Helmut Schwalb bei seinem Vortrag vor knapp 50 Gästen im Reutlinger Kaffeehäusle. Dazu gehört zum Beispiel auch, dass Menschen mit Behinderung selten mehr als vier Stunden arbeiten können, weil dann nach Schwalbs Erfahrung die Belastungsgrenze erreicht ist.

Der pensionierte Wirtschaftswissenschaftsprofessor engagiert sich ehrenamtlich auf dem Hofgut Himmelreich bei Freiburg, einer gemeinnützigen GmbH, die seit 2004 Arbeitsmöglichkeiten für Menschen mit und ohne Behinderung bietet. Neben dem Gasthaus mit Hotel und Restaurant gibt es dort inzwischen auch einen Bahnhofskiosk, ein Reisebüro und eine Akademie, die Berufsausbildungen anbietet. Nach einer langen bürokratischen Schlacht wird diese nun von der Arbeitsagentur gefördert. Fünf der neun derzeitigen Kursbesucher haben bereits eine reguläre Arbeitsstelle in Aussicht - wohl auch, weil Gastronomen am Beispiel Himmelreich sehen, wie gut es funktioniert. Dort gibt es inzwischen viel mehr Bewerber als Stellen.

Die Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung hatte Schwalb eingeladen, um Anregungen für Reutlingen zu holen. "Es gibt schon Wünsche und Vorstellungen in die Richtung" - aber keine konkreten Pläne, sagte Vorstandsmitglied Christiane Bölzle.

"Inklusion", eine Gleichstellung in allen gesellschaftlichen Bereichen wie Wohnen und Arbeit, forderte Schwalb. Die Himmelreich-Mitarbeiter sollen ein möglichst selbständiges Leben führen. Einen Job bekommt nur, wer die Zugfahrt zur Arbeitsstelle allein bewältigt - was ohne Probleme funktioniert.

Die Selbständigkeit hat allerdings Grenzen. Für einen Halbtagsjob bekommen die Angestellten normalerweise 500 bis 600 Euro Tariflohn pro Monat. Das, so gab Schwalb zu, sei ein ungelöstes Problem.

gs